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Branchen-Infos

Freischaffend oder selbstständig erwerbend ?

Im Kultursektor herrscht häufig Verwirrung über die verschiedenen Formen der Erwerbstätigkeit. Wer ist selbstständig erwerbend, wer freischaffend, wer ist ein Freelancer und wer ein*e freie*r Mitarbeiter*in?

Die Bezeichnungen «freischaffend» oder «Freelancer» existieren in der Schweiz offiziell nicht. Für das Steueramt und die AHV-Ausgleichskassen gibt es nur den Unterschied zwischen selbstständig erwerbend und unselbständig erwerbend. Sie entscheiden, wer wie eingestuft wird. Dabei gibt es bei vielen Kunstschaffenden Mischformen. Sie sind z.B. in einem Kulturbetrieb oder auch in einem kulturfernen Betrieb mit einem Teilpensum unbefristet angestellt und daneben entweder mit kleinen, befristeten Anstellungen freischaffend – oder sie sind für einen Teil ihres Einkommens selbstständig erwerbend.

Wer gilt als selbstständig erwerbend?
Als selbstständig erwerbend gilt, wer für seine Tätigkeit nicht angestellt ist, für diese Tätigkeit das wirtschaftliche Risiko selber trägt und aus dieser Tätigkeit nach Abzug der Geschäftsunkosten einen Gewinn erzielt. Die Anerkennung der selbstständigen Erwerbstätigkeit setzt die vorherige Selbstanmeldung bei der AHV-Ausgleichskasse[1] des Wohnkantons voraus.

AHV-Prüfkriterien der Selbstständigkeit:

Der/die Kunstschaffende

>> handelt im eigenen Namen und stellt selber Rechnung,
>> trägt das finanzielle Risiko selbst (Inkasso, Unkosten, Verluste),
>> tätigt erhebliche Investitionen (Infrastruktur und Betriebsmittel wie Computer, Atelier usw.),
>> führt Aufträge für mehrere Auftraggeberinnen und Auftraggeber durch und ist wirtschaftlich nicht abhängig von einem einzelnen Auftraggeber oder einer einzelnen Auftraggeberin,
>> ist frei in der Wahl der Betriebsorganisation (Form, Ort, Arbeitszeiten usw.) und nicht weisungsabhängig,
>> hat eigene Geschäftsräume (Atelier, Studio, Büro etc.).

Diese Liste ist nicht abschliessend. Es müssen nicht alle Punkte erfüllt sein, situativ sind es in der Regel deren drei bis fünf.

Typischerweise sind vor allem Autor*innen und bildende Künstler*innen selbstständig erwerbend. Musiker*innen arbeiten vielfach in Mischformen.

Was ist freischaffende Erwerbstätigkeit?
Freischaffende Künstler*innen sind nicht selbstständig erwerbend, sondern Arbeitnehmer*innen mit (häufig) wechselnden, zeitlich begrenzten Anstellungen. Sie haben entsprechend mit jeder Arbeitgeberin bzw. jedem Arbeitgeber einen Vertrag. Dieser muss nicht schriftlich vorliegen, eine mündliche Vereinbarung oder auch schon die Aufnahme der Erwerbstätigkeit schaffen ein Arbeitsverhältnis. Es können auch gleichzeitig mehrere Anstellungsverhältnisse vorliegen.

Typischerweise sind vor allem im Theater, Film oder Tanz tätige Künstlerinnen und Künstler freischaffend, da sie jeweils für eine Produktion mit zeitlicher Begrenzung angestellt sind. Die Sozialversicherungsabgaben werden von der Arbeitgeberin bzw. vom Arbeitgeber einbezahlt und zur Hälfte vom Lohn bzw. Honorar abgezogen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Lohn bzw. das Honorar im Stunden- oder Monatsansatz oder als Pauschale (Gage usw.) ausgerichtet werden. Für Angestellte im Kulturbereich sind die Sozialversicherungsabgaben auch für geringfügige Löhne, das heisst, ab dem ersten Franken obligatorisch zu entrichten. Die Freigrenze von CHF 2'300 ist nicht anwendbar. Da diese Gesetzesreglung weitgehend unbekannt ist, müssen Kulturschaffende in Kleinpensen ihre Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitsgeber nicht selten auffordern, die Sozialversicherungsleistungen einzubezahlen.

Bei der ALV gelten für Freischaffende bei der Berechnung der Rahmenfrist gesonderte Regelungen (Art. 12a AVIV). Trotzdem fallen viele Kunstschaffende mit wechselnden, zeitlich begrenzten Anstellungen im Fall einer Erwerbslosigkeit durch die Maschen.

[1] Manchmal sorgen die Begriffe AHV-Ausgleichskasse und SVA für Verwirrung. Die so genannten Sozialversicherungsanstalten (SVA) sind Kompetenzzentren in einigen Kantonen, die viele Sozialversicherungen unter einem Dach verwalten, so neben den AHV-Ausgleichskassen auch die Kassen für IV, EO, Zusatzleistungen, Mutterschaftsentschädigung, Familienzulagen und Prämienverbilligungen.

Weiterführende Informationen für Kulturschaffende zum Thema Sozialversicherungen bietet der Ratgeber von Suisseculture Sociale, www.suisseculturesociale.ch, Rubrik Sozialversicherungen.