Kulturpolitik und soziale Sicherheit
Nationales
Trotz der Aufhebung der Einschränkungen im Kulturbereich im Februar 2022 blieb die nationale Kulturpolitik weiterhin geprägt von Corona, auch unsere kulturpolitische Arbeit. So war es wichtig, für die Verlängerung der Ausfallsentschädigung zu lobbyieren, wofür wir uns in Form der Taskforce Culture verbandsübergreifend stark engagierten und gemeinsam eine Verlängerung bis Ende Juni erreichten. Die für viele Kulturschaffende so wichtige Nothilfe über Suisseculture Sociale wurde bis Ende 2022 verlängert.
Gleichzeitig war 2022 geprägt von einer starken Verunsicherung – einerseits über die Entwicklung des Publikumsverhaltens und andererseits darüber, ob nicht doch wieder neue Corona-Wellen Veranstaltungsverbote oder -einschränkungen mit sich bringen würden, insbesondere im Herbst und Winter.
Dennoch vermochten wir unsere Kräfte 2022 wieder vermehrt anderen wichtigen kulturpolitischen Themen zuzuwenden:
- Februar: Wahlempfehlung «Ja zum Medienfördergesetz»
- April: Erstes BAK-Hearing Kulturbotschaft 2025–2028
- Mai: Wahlempfehlung «Ja zum Filmgesetz»
- August: Netzwerktreffen Kulturpolitik in Locarno
- September: Wahlempfehlung «Nein zur AHV-Revision»
- November: Austauschtreffen zur Kulturbotschaft 2025–2028 in Anwesenheit von Herrn Bundesrat Alain Berset in Bern, Teilnahme m2act in Lausanne, Teilnahme Konferenz «Statut et rémunération des artistes et acteurs culturels» in Bern
- Dezember: Vernehmlassung zur Strommangellage
Hervorzuheben ist der erstmalige frühe Einbezug der Kulturverbände bei der Ausarbeitung einer neuen Kulturbotschaft des Bundes. Dies war seit Jahren eine wichtige Forderung der Kulturverbände. Wir gehen davon aus, dass unser Engagement während der Corona-Krise das Vertrauen der Bundesverwaltung in unser Fachwissen und in unsere verbandsübergreifende Handlungsfähigkeit zu stärken vermochte. Es ist wichtig, dass Verwaltung und Politik die Kulturverbände als Experten auf Augenhöhe wahrnehmen und regelmässig einbeziehen.
Im ersten Halbjahr 2022 fanden praktisch wöchentlich Sitzungen der Taskforce Culture statt. Ab Sommer veränderte sich der Rhythmus auf ein bis zwei Sitzungen monatlich.
Französischsprachige Schweiz
2022 war immer noch deutlich geprägt von einem annullierungsbedingten Produktionsstau in der darstellenden Kunst und der Suche der Künstler*innen nach neuen Orientierungsansätzen, um in ihrem Tätigkeitfeld weiterzumachen. t. bot und bietet Künstler*innen in Problemsituationen auch weiterhin Unterstützung durch Rechtsberatung und Notfallhilfe.
Die Westschweizer Dachverbände waren sehr aktiv, da in Freiburg und Biel neue Verbände ins Leben gerufen und deren Kompetenzen innerhalb der im Herbst gegründeten CRAS (Coordination romande des arts de la scène) ins Verbandsnetz eingebracht wurden. t. steht im aktiven Austausch mit ihnen sowie mit dem SSRS (Syndicat Suisse Romand du Spectacle).
Kulturpolitisch setzt t. weiterhin auf den regelmässigen Austausch innerhalb der Taskforce Culture romande (TFCR), der die meisten Verbände der Kulturschaffenden in der Westschweiz angehören. Die TFCR ermöglicht auch eine gemeinsame Stimme gegenüber der öffentlichen Hand, was für alle von grossem Vorteil ist.
t. zeigt sich auch sehr präsent in der Safe Space Culture – einer Vereinigung, die bemüht ist, die Arbeits- und Ausbildungsplätze im kulturellen Bereich durch entsprechende Handlungspotenziale frei von Belästigungen, Mobbing und Diskriminierung zu halten. Dieser Dienst kommt ergänzend zu den Vertrauenspersonen im Unternehmen hinzu, mit denen einige Arbeitgeber*innen im Kulturbereich gegenwärtig bereits arbeiten. Er ist dann verfügbar, wenn Selbstständigerwerbende oder Angestellte keinen Zugang zu solchen Vertrauenspersonen haben.
t. setzt auch im Jahr 2023 auf eine weitere Konsolidierung und Entwicklung in der Westschweiz.
Italienischsprachige Schweiz
Die Besonderheit des Kantons Tessin als einziger rein italienischsprachiger Kanton auf nationaler Ebene führt dazu, dass die Grenzen zwischen regionaler und nationaler kulturpolitischer Arbeit nicht klar gezogen sind und sich die beiden Bereiche überschneiden. Diese Eigenschaft hat zur Folge, dass sich kulturpolitisches Handeln in der italienischsprachigen Schweiz häufig entlang dieser beiden voneinander abhängigen Pfade entwickelt. Im Laufe des Jahres 2022 wurden die Beziehungen zu den politischen Vertreter*innen intensiviert. Dies mit dem Ziel, sie für die besonderen Arbeitsbedingungen der unabhängigen Szene in der italienischen Schweiz zu sensibilisieren. Auf lokaler Ebene erfolgt die Sensibilisierung für die beruflichen Bedingungen der Kulturschaffenden durch die Zusammenarbeit mit den anderen Verbänden in der Region (Sonart, ARF/FDS, AFAT), die sich inzwischen in einer informellen Arbeitsgruppe zusammengeschlossen haben, mitbegründet und koordiniert von t.
Neben dem Dialog mit politischen Vertreter*innen steht t. in ständigem Kontakt mit den Institutionen und ist eine wichtige Referenz für die Medien in der italienischsprachigen Schweiz für kulturpolitische Fragen.
Internationales
t. Theaterschaffen Schweiz ist Teil des Europäischen Dachverbands der Freien Darstellenden Künste (EAIPA). Vertreter*innen von t. nahmen im Frühjahr online an der internationalen Konferenz von EAIPA und im Herbst an der Generalversammlung in Sofia teil.
Überschattet wurde 2022 durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Die Schweizer Künstlerbörse lud in die Schweiz geflüchtete ukrainische Kulturschaffende nach Thun ein. Unser Verband unterzeichnete eine Petition der European Theatre Convention sowie eine Absichtserklärung des Deutschen Theater zur Unterstützung der Stimmen ukrainischer Künstler*innen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und ganz Europa. Ausserdem richtete die Plattform schauspieler.ch eine Spende an die ukrainische Schauspieler*innen-Plattform Aktorky ta Aktory aus.
Soziale Sicherheit
Als Vorstandsmitglied von Suisseculture Sociale arbeitete t. 2022 an der Umsetzung der Corona-Nothilfe für Kulturschaffende mit, die im Berichtsjahr weiter stark beansprucht wurde. Zwischen April 2020 und Oktober 2022 hat Suisseculture Sociale 10’819 Gesuche von mehr als 3000 Personen bearbeitet (Stand 17. Oktober 2022) und rund 32 Millionen Schweizer Franken an Unterstützungsbeiträgen ausbezahlt. Diese Unterstützungen leisteten einen zentralen Beitrag dazu, dass professionelle Kulturschaffende die unverschuldete Notlage überbrücken und nach Ende der Pandemie wieder ihre berufliche Tätigkeit aufnehmen konnten. Nach dem Auslaufen der Nothilfe Ende Jahr geht Suisseculture Sociale jedoch davon aus, dass circa 600 Personen/Haushalte auf Sozialhilfe angewiesen sind.
t. führte auch 2022 einen Notfallfonds für Mitglieder, die unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten waren. Der Notfallfonds wurde mit einem einmaligen Betrag einer externen Stiftung gespiesen. Unterstützt wurden mehrere Mitglieder.
t. hatte im Berichtsjahr Einsitz im Stiftungsrat der CAST, der beruflichen Vorsorgestiftung für Kulturschaffende.